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Untersuchung und Bewertung von Schimmelpilzbefall

Der richtige Sachverständige, Bewertungsbasis, Messmethoden und Bewertungsgrundlagen für Schimmelpilzschäden

Der Begriff "Sachverständiger" ist rechtlich nicht geschützt und wie bei jeder Sachverständigentätigkeit gibt es eine Vielzahl von Quereinsteigern, die durch Tageslehrgänge mit Prüfungen von bekannten Prüfinstituten ihre angebliche ausreichende fachliche Kompetenz belegen wollen. Das Umweltbundesamt führt im Schimmelpilz-Leitfaden im Abschnitt 5.1.3.1 hierzu aus: 

Qualitätsanforderungen an Sachverständige

"Sachverständige für die Probenahme und die Bewertung von Schadstoffen
in Innenräumen besitzen meist ein abgeschlossenes Hoch- oder
Fachhochschulstudium der Biologie, Chemie oder Ingenieurwissenschaft
bzw. eine Meister- oder Technikerausbildung für ein entsprechendes
Arbeitsgebiet. Zusätzlich ist eine spezielle Ausbildung im Bereich
„Schimmel“ erforderlich."

Die Vorgehensweise bei der Untersuchung von Schimmelpilzschäden und die Bewertungsgrundlagen sind im "Schimmelpilz-Leitfaden" 2017 des Umweltbundesamtes geregelt (link zu https://www.umweltbundesamt.de/schimmelleitfaden). Auch wenn einzelne Passagen dieses Leitfadens zwischen verschiedenen Fachleuten unterschiedlich bewertet werden, dient diese Veröffentlichung wie seine Vorgänger aus den Jahren 2002 und 2005 als Stand der Technik und ist in der Regel Basis sachverständiger Bewertungen und gerichtlicher Entscheidungen. Ach für unsere Arbeit bei Schimmelpilzuntersuchungen ist der sogenannte UBA-Leitfaden die wichtigste Basis. Im Leitfaden sind Ablaufschemen dargestellt, bei welchen Schadensfällen welche Vorgehensweise sinnvoll einsetzbar ist. In den vergangenen Jahren sind neben den "klassischen Messmethoden" wie Raumluftmessungen, Oberflächenproben, Materialproben weitere Untersuchungsmethoden eingeführt worden, die von verschiedenen Sachverständigen unterschiedlich eingesetzt und bewertet werden. Hierzu gehören der Einsatz von Schimmelpilzspürhunden, Messung von geruchsaktiven Stoffwechselausgasungen (MVOC), Messung von Pilzgiften und anderen Stoffwechselprodukten (Mykotoxine, Endotoxine), Schimmel-Analysen durch PCR-Tests, Messung mikrobiologischer Aktivität auf Oberflächen durch Lumineszenzverfahren (ATP-Test) oder Lokalisierung von Befallsflächen durch UV-Licht (Forensiklampen). Es ist zu beachten, dass das Umweltbundesamt in der Einleitung zu diesem Leitfaden darauf verweist, dass hierin nur die messtechnischen und hygienischen Aspekte von Schimmelbefall in Innenräumen geregelt sind:

"Auf werkvertragliche und andere rechtliche Aspekte, aus denen sich
abweichende Einschätzungen ergeben können, wird nicht eingegangen."

Im UBA-Leitfaden werden im Abschnitt 5.1.2 Weiterführende Untersuchungen in der Infobox 12 Erläuterungen und Bewertungen zu verschiedenen Messmethoden gemacht. Als anerkannte Verfahren (Anerkannte Regeln der Technik) werden hiernach nur Raumluftmessungen mit Nährböden oder durch Partikelsammlung (DIN ISO 16000-16 bis -18, - 20) und Materialanalysen (DIN ISO 16000-21) eingestuft.

Als weit verbreitete, aber gegenwärtig nicht weitgehend akzeptiert werden folgende Verfahren eingestuft (Stand der Technik): Direktmikroskopie von Folienklebefilmen, Messung kultivierbarer Bakterien in Material, MVOC-Messungen nach VDI 4254 Bl. 1.

Als Stand von Wissenschaft und Technik, also mögliche Verfahren, die zur Zeit erprobt werden, aber noch nicht standardisiert sind gelten hiernach: Einsatz von Schimmelspürhunden, Nachweis von Mykotoxinen, Endotoxinen u.a., ATP-Schnelltests, Gesamtzellzahlbestimmung im Material u.a. Verfahren.

Vom Einsatz folgender, noch immer verbreiteter Messmethoden wird von Seiten des UBA abgeraten: Abdruckproben mit Nährböden (RODAC-Platten), Aufstellen von Sedimentationsnährböden, Messung von Schimmelpilzen im Hausstaub, Messung von Gesamtbakterien in Raumluft.

Diese Vorgaben gilt es besonders dann zu beachten, wenn durch Schimmelpilzuntersuchungen Statusdokumentationen vorgenommen werden sollen, die später als Basis für mögliche gerichtliche Auseinandersetzungen dienen sollen. Der Einsatz nicht empfohlener Verfahren kann dazu führen, dass der gerichtlich bestellte Sachverständige die Vorbefunde ignoriert. Das gleiche kann passieren, wenn die Proben in einem Labor untersucht werden, die nicht den Qualitätskriterien des UBA-Leitfaden entspricht und Analysen liefert, die nicht aussagefährig sind.

Nachfolgend wollen wir einen kurzen zusammenfassenden Überblick zu den am meisten eingesetzten Unteruchungsmethoden geben, verbunden mit unserer Einordnung auf der Methoden:

Bewertung von Schimmelpilzbefallsflächen nach UBA

Wichtig ist, dass jeder Schadensfall eine angepasste Untersuchung erfordert und nicht alles Mögliche untersucht wird. Es gibt in der Regel keinen mikrobiologischen Befall ohne vorangangene Feuchteeinwirkung auf dem befallenen Material. Am Anfang sollte die Ermittlung der aktuellen oder früheren Schadensursache durch Auswertung von Vorinformationen, Baufeuchtenmessungen bzw. bauphysikalische Untersuchungen stehen. Ohne Abstellen der Ursache der Durchfeuchtung wird jede Behandlung des Schimmelpilzschadens nur vorübergehenden Erfolg haben. Ein Schimmel-Befall unterscheidet sich von einer Schimmel-Kontamination in der Regel dadurch, dass bei mikroskopischer Untersuchung auf dem befallenen Material Myzel, Sporenträger und Sporen nachgewiesen werden. Schwierig kann dieser vollständige Befallsnachweis sein, wenn Sporenträger und Myzel in offenporigen Materialoberflächen eingewachsen und schwer analysierbar sind (z.B. bei Styopordämmungen). 

Das Umweltbundesamt bleibt auch im neuen Schimmelpilz-Leitfaden bei der früheren strengen Vorgabe, dass Schimmelpilzschäden mit Befallsflächen größer 0,5 m² als große Schäden einzustufen sind (höchste Schadenskategorie "3") und demnach durch eine Fachfirma zu sanieren sind (link: https://www.schimmelpilze-schadstoffe.de/schimmelpilz-sanierung/). Bei großen, sichtbaren Befallsflächen macht es daher meist keinen Sinn, großangelegte weiterführende Messungen von Raumluft usw. in diesem Raum durchzuführen. Es empfiehlt sich, die Befallsflächen fotografisch und über Material- oder Oberflächenproben (Folien) zu dokumentieren, Abschottungen zu stellen und direkt mit der Sanierungsplanung zu beginnen. In angrenzenden Bereichen oder bei unklarer Befundlage kommen die nachfolgenden Messverfahren zum Einsatz.

Raumluftmessungen auf Schimmelpilzsporen und Fragemente

Schimmelpilze können innerhalb weniger Tage flugfähige Sporen bilden können, die auf dem Luftweg auch in andere, unbefallene Bereiche des Raumes oder Gebäudes verfrachtet werden können. Die früher standardmäßig eingesetzte Luftkeimzahlbestimmung mit Nährböden ist inzwischen fast vollständig durch Partikelmessungen verdrängt worden, bei denen keine tagelange Anzüchtung, sondern nur noch eine Anfärbung und direkte mikroskopische Auswertung statfindet - es entfällt die Bebrütungszeit und es werden auch die schlechter anzüchtbaren wasserschadenstypischen Schimmelpilze wie Stachybotrys und Chaetomium mit erfasst. Raumluftmessungen erfassen luftgetragene Sporen und Fragmente und können zur Bewertung der hygienischen Situation herangezogen werden. Wichtig ist, dass anders als bei Asbest oder chemischen Schadstoffen für Schimmelpilze keine RW I/ II- Richtwerte existieren, sondern lediglich Orientierungswerte des UBA für die Bewertung. Bei Raumluftmessungen als Sanierungskontrolle sind die Vorgaben der WTA 4-12 "Ziele und Kontrolle von Schimmelpilzschadensanierungen in Innenräumen" bezüglich Messbedingungen und Bewertung heranzuziehen. Es ist gutachterlicherseits zu beachten, dass verdeckt liegende Befallsflächen durch Raumluftmessungen allein meist nicht ausgeschlossen oder bestätigt werden können. Hierzu sind zusätzliche Bauteilöffnungen oder die Beprobung von Hohlräumen nötig, insbesondere, wenn durch technische Entlüftungen oder Klimatisierungen die Sporenkonzentrationen in der Raumluft reduziert werden, können falsch negative Befunde entstehen.

Analysen von Materialproben

Die Materialuntersuchung durch direkte Entnahme von der befallenen Oberflächenschicht vor Ort wird in der Regel bei sichtbarem Befall oder Verdacht vorgenommen. Es ist eine standardisierte Methode und bei richtiger Laboranalyse wird sowohl eine mikrokopische Untersuchung verschiedener Materialflächen und -schichten vorgenommen als auch eine Suspension des Material mit anschließender Gesamtsporenanalyse oder Bebrütung. Nach dieser Gesamtanalyse kann der Schaden charaktersiert werden nach dominierenden Schimmelpilzgattungen und -arten sowie nach aktivem Schaden oder eingetrocknetem Altschaden. Typische Schadensbilder und -ursachen weisen häufig auch einen charakteristischen Befall auf. Eine konkrete Altersbestimmung von Schimmelbefall ist in der Regel nicht möglich.

Analyse von Oberflächenproben von Befallsflächen, Raumoberflächen, Hausrat

Bei Oberflächenproben wird zwischen Proben von Verdachtsflächen bzw. Verfärbungen unterschieden (Primärbefallsflächen) und der Beprobung nicht sichtbar befallener Oberflächen, die durch Sporenflug sekundärkontaminiert wurden. Die entnommenen Folienkontaktproben werden im Labor direkt angefäbt und mikroskopisch ausgewertet, wobei in der Regel nur eine semiquantitative Auswertung (+ für wenig +++ für viel) abgegeben wird und die Schimmelpilze meist nur bis zur Gattung differenziert werden können.

Wir nutzen zur  Überprüfung von möglichen Flächenkontaminationen durch Staubsedimentation weiterhin auch spezielle Abdruckproben, DG-18 und MEA-Nährböden (RODAC), mit anschließender Anzüchtung, weil aus unserer Sicht ausreichend viele Vergleichswerte aus den vergangenen 20 Jahren vorliegen, um zwischen sauberem Normalzustand / erfolgreich feingereingtem Zustand und schadensbedingten Sporenbeaufschlagungen sicher zu unterscheiden. Gerade bei der Frage von schadensbedingten Inventarkontaminationen (Mobiliar, Einrichtungsgegenstände, Spielzeug, Kleidung u.a.) sind Folienkontakte oder andere Verfahren meist nicht einsetzbar. 

Diese Methode wird von uns weiterhin zur Überprüfung der Belastungssituation von Hausrat bei der Erstuntersuchung und bei der Sanierungskontrolle eingesetzt.